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Patentrechtssymposium des Bundespatentgerichts im DPMAforum

Blumenstrauß im Veranstaltungssaal

Die Arbeitsweise der einzelnen rechtsprechenden und prüfenden Bereiche besser kennenlernen, an Beispielfällen Generelles noch besser verstehen, Aspekte der Patentfähigkeit und der Patentauslegung aus unterschiedlichen Perspektiven diskutieren. Beim Patentrechtssymposium, das das Bundespatentgericht ausrichtete und das im Deutschen Patent- und Markenamt stattfand, tauschten sich rund 100 Expertinnen und Experten zu aktuellen Themen aus dem deutschen und europäischen Patentwesen aus.

In ihrer Begrüßung betonte Dr. Regina Hock, Präsidentin des Bundespatentgerichts, wie wertvoll die gemeinsame Auseinandersetzung mit der neuesten Rechtsprechung für alle Beteiligten ist. Bundesgerichtshof, Bundespatentgericht, Land- und Oberlandesgerichte, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Einheitliches Patentgericht, Beschwerdekammern des Europäisches Patentamts sowie Deutsches Patent- und Markenamt: Vertreterinnen und Vertreter aus zahlreichen Bereichen kamen für das Patentrechtssymposium im DPMAforum in München zusammen.

Auch der aus Berlin angereiste Leiter der Unterabteilung III B des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), Dr. Johannes Christian Wichard, unterstrich die Bedeutung des Patentwesens und der Patentjustiz für das Innovationssystem in Deutschland. Und er berichtete über den aktuellen Stand von standardessenziellen Patenten und ergänzenden Schutzzertifikaten auf europäischer Ebene.

Präsidentin Schewior am Redepult

DPMA-Präsidentin Eva Schewior

Eva Schewior, Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts, hob hervor, dass es an der Schnittstelle von Technik und Recht hochspannend zugehe – und da und dort eben auch Spannung entstehe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums tauschten sich zu zahlreichen Einzelfällen des Patentwesens aus, die rechtlich wie technisch anspruchsvolle Fragen aufwarfen. Um an der jeweiligen Stelle im Innovations- und Rechtssystem das Beste leisten zu können, sei es wichtig, darauf zu achten, was andere tun, sei das gemeinsame Einordnen von Entscheidungen sehr hilfreich, so Dr. Klaus Bacher, Vorsitzender Richter im X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), der ein Grußwort an das Auditorium richtete und zudem die aktuelle Rechtsprechung des BGH in Patentsachen erläuterte.

Dr. Bacher am Redepult

Dr. Klaus Bacher, Vorsitzender Richter am BGH

Ist es patentschädlich, wenn entsprechende Ware vor dem Anmeldetag schon auf dem Gelände eines Baumarkts verfügbar ist? Können Präsentationsfolien für einen begrenzten Empfängerkreis als Stand der Technik gelten? Welches Gericht ist bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zuständig und welches Recht ist dann anwendbar? Auf dieser Bandbreite bewegten sich die Fragen, die diskutiert wurden.

Dr. Dörte Otten-Dünnweber, Vorsitzende Richterin am Bundespatentgericht, stellte aktuelle Entscheidungen des Bundespatentgerichts vor. Hierbei wurden zahlreiche praktische Fragestellungen zu den Themen offenkundige Vorbenutzung, verspätetes Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln sowie Aussetzung von Nichtigkeitsklagen vor dem Bundespatentgericht bei gleichzeitig anhängiger Nichtigkeitsklage vor dem Einheitlichen Patentgericht behandelt.

Katalin Töszer, Richterin am Landgericht München I, behandelte beispielsweise das Thema sogenannter Cross Border Injunctions. Eine Cross Border Injunction ist eine gerichtliche Verfügung, die einem Patentverletzer mit Wirkung für mehrere EU-Mitgliedsstaaten, also über die nationale Verantwortlichkeit hinaus, die Benutzung einer patentgeschützten technischen Lehre untersagt. Anhand einer aktuellen Entscheidung zeigte sie relevante Fragestellungen zu Zuständigkeit, Gerichtsstand sowie verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Aspekten auf.

Der zweite Tag des Symposiums startete mit verschiedenen Vorträgen zur Auslegung von Patentansprüchen. Beispiele für eine funktionsorientierte Auslegung von Patentansprüchen durch das Bundespatentgericht stellte Dr. Ina Schnurr, Vorsitzende Richterin am Bundespatentgericht vor.

Dr. Ingo Beckedorf, Stellvertreter des Präsidenten der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, erläuterte die viel beachtete Entscheidung G 1/24. Die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) entschied, dass Patentansprüche immer im Lichte der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen sind, nicht nur dann, wenn der Wortlaut des Anspruchs mehrdeutig oder unklar ist.

Des Erteilungsverfahrens nahm sich auch Detlev-Georg Schmidt-Bilkenroth an, Leiter der Abteilungsgruppe Physik im Deutschen Patent- und Markenamt. Das Patent aus dem DPMA als Arbeitsgrundlage für alle weiteren Instanzen, die Gesetzgebung und Rechtsprechung als wichtige Leitplanken für das Prüfungsverfahren: Die wesentliche Leistung der Prüferinnen und Prüfer sei es, ausgehend von einem bisweilen wolkig formulierten Anspruchswunsch des Patentanmelders ein im Rahmen der Offenbarung wirksames Schutzrecht zu erteilen – mit den Hilfsmitteln der Auslegungsrechtsprechung. Inwieweit dieser Prozess auch die Anpassung der Beschreibung an die letztlich erteilten Patentansprüche erfordert, wurde durch das Plenum im Anschluss munter diskutiert.

Inwieweit der Fachmann Sachverhalte in abstrahierender Weise auf Stand der Technik überträgt untersuchte Dr. Tim Crummenerl, Richter im X. Zivilsenat des BGH, in seinem Vortrag anhand von Urteilen des Senats.

Dass das Einheitliche Patentgericht (EPG) sich in puncto eigener Rechtsprechung recht zügig etabliert, erläuterte Dr. Dennis Kretschmann, technisch qualifizierter Richter beim EPG. Er stellte die ersten Entscheidungen zur Zulässigkeit von Änderungen eines Patents vor dem EPG dar und unternahm auch einen Vergleich mit der deutschen und der EPA-Rechtsprechung.

Den Vortragsteil schloss Dr. Kemal Bengi-Akyürek ab, Vorsitzender der Beschwerdekammer 3.5.05 des Europäischen Patentamts. Mit seiner Präsentation „Patentierbarkeit von KI-Erfindungen nach der aktuellen EPA-Rechtsprechung“ und dem sich anschließenden Austausch mit dem Plenum regte er die Gedanken aller an, wie man sich den patentrechtlichen Herausforderungen von „Erfindungen mit künstlicher Intelligenz durch Gebrauch von juristischer Intelligenz“ nähern kann.

Die hochkarätigen Referentinnen und Referenten waren jedoch nur ein Teil dieser interessanten Veranstaltung. Ebenso bot der gelungene Rahmen in den Räumlichkeiten des DPMA viel Platz und ausreichend Zeit für einen fruchtbaren, oft auch informellen Meinungsaustausch. Am Abend des ersten Tages trafen sich die Teilnehmer so auch zu einem gemeinsamen Abendessen im nahen Hofbräukeller, um sich kennenzulernen und im offenen Gespräch aktuelle Themen des Patentrechts zu erörtern.

Bild 1: Katrin Sander, BPatG; weitere Bilder: DPMA

Stand: 05.12.2025