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Jimi Hendrix

Jimi Hendrix in Aktion, 10. Mai 1968

Jimi Hendrix in Aktion, 10. Mai 1968

Der wilde Gitarrengott: Virtuose, Innovator, Marke

Er war der wohl einflussreichste Gitarrist aller Zeiten: Jimi Hendrix. Am 27. November 2022 wäre er 80 Jahre alt geworden. Niemand spielte die elektrische Gitarre so innovativ und revolutionär wie er. Deshalb wird Hendrix bis heute in Umfragen regelmäßig zum besten Gitarristen aller Zeiten gekürt. In den wenigen Jahren von seiner ersten Platte bis zu seinem frühen Tod am 18. September 1970 mit 27 Jahren veränderte er die Geschichte des Instruments und der Rockmusik für immer.

Hinter Hendrix´ einzigartigem Spiel steckte nicht nur virtuoses Können, sondern auch eine Menge damals neuer Technik, die er entweder als erster oder zumindest wie kein zweiter nutzte. Der Gitarrist war auch ein Klangtüftler, der im Studio und auf der Bühne alle verfügbaren Effekte nutzte, kombinierte und neue Klänge schuf.

Seine bevorzugte E-Gitarre war die Fender Stratocaster (auch wenn er sie gerne mal auf der Bühne zerschlug oder verbrannte). Nicht zuletzt dank Hendrix gehört diese Gitarre bis heute nahezu unverändert zu den bekanntesten und meistverkauften Instrumenten. Hersteller Fender optimierte die Stratocaster zwar punktuell (siehe z.B. pdf-Datei US4803906A), aber seit Hendrix´ Zeiten wird das Instrument im Wesentlichen unverändert angeboten (natürlich gibt es auch diverse Hendrix-„Signature“-Modelle).

Jammerhaken und Jauleffekt

Vibrato- oder Tremolo-Hebel, DE1297070

Vibrato- oder Tremolo-Hebel, DE1297070

Eine ihrer technischen Besonderheiten war der Tremolo-Hebel (patentiert in den USA 1954, pdf-Datei US2741146; siehe auch pdf-Datei DE1297970A). Hendrix war der erste, der die Klangmöglichkeiten des Vibrato-Hebels (manchmal liebevoll „Jammerhaken“ genannt) voll ausreizte und zum wichtigen Stilelement seines Spiels machte. Seine berühmte Version der amerikanischen Hymne beim Woodstock-Festival – ohne dieses Patent undenkbar! Am Vibrato-Hebel wird übrigens bis heute weiter getüftelt, siehe z.B. pdf-Datei DE202019000687U1.

Eine technische Innovation wurde ebenfalls durch Hendrix populär gemacht: das Wah-Wah-Pedal, ein Effektgerät, zu dem es ein US-Patent ( pdf-Datei US 3530224) aus dem Jahr 1967 mit deutschem Familienmitglied ( pdf-Datei DE1264225A , „Klangreglerschaltung zur Darstellung des Jauleffekts“) gibt. Zu hören etwa beim Intro zu „Voodoo chile“.

Hendrix heute

DE102015002381B4

"Vorrichtung zur Erzielung von harmonischen Rückkopplungen bei elektrisch verstärkten Saiteninstrumenten" (DE102015002381B4)

Um seinem komplexen Sound nahe zu kommen (was allein schon deshalb schwer ist, weil der Linkshänder eine umgedrehte Rechtshändergitarre spielte), mussten Hendrix´ zahllose Nachahmer früher diverse Geräte für viel Geld nachkaufen und sich sein „Line-up“ – Gitarre, Effektgeräte, Amp (Verstärker), Boxen – mühsam zusammenstellen.

Dank verschiedener technischer Innovationen ist es heute möglich, Hendrix´ analogen Sound mit nur einem Gerät digital nachzuahmen. Mit Hilfe der so genannten Modeling-Technik lassen sich durch digitale Signalprozessoren Verstärker, Effektgeräte und sogar E-Gitarren so programmieren, dass die typischen Klangeigenschaften bestimmter populärer Modelle auf Knopfdruck abrufbar sind. Während die traditionellen Röhrenverstärker, die Hendrix und seine Nachfolger (stets voll aufgedreht) nutzten, praktisch nur einen charakteristischen Ton anbieten, kann ein Modeling-Amp zahlreiche „klassische“ Rock-Sounds digital nachahmen – auch in Zimmerlautstärke.

Manche Traditionalisten lehnen diesen „synthetischen“ Klang zwar ab, aber die zugrundeliegende Technik ist auf dem Markt höchst erfolgreich und wird immer weiter verfeinert, wie neuere Patente zeigen. Auch Hendrix´ Gitarrenbauer Fender stellte längst ein Digitalmodul für den universellen Einsatz bei E-Gitarren und Zubehörgeräten vor ( pdf-Datei US 7678985 B2 (1,2 MB), angemeldet 2007). Andere Hersteller bieten beispielsweise ein programmierbares Amp-Pedalboard an, das dem Gitarristen beliebig auswählbare digitale Effekte und Umschaltfunktionen auf der Bühne zur Verfügung stellt ( pdf-Datei US 8957297 B2 (1,21 MB), angemeldet 2013).

Spielwiese für Sound-Tüftler

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Selbst der Rückkopplungseffekt, den Hendrix exzessiv nutzte, lässt sich heute künstlich erzeugen: pdf-Datei DE102015002381B4 legt dar, wie der Effekt endloser Töne auch mit digitalen Amps und geringer Laustärke erzielt werden kann, ohne dass ein voll aufgedrehter Verstärker die direkt davor gehaltene Gitarre zum Schwingen bringen muss, um deren so erzeugte Töne wiederum stark verstärkt zurückwerfen und somit ein beliebig langes Geräusch erzeugen zu können.

Jimi Hendrix überwältigte sein Publikum gerne mit diversen spieltechnischen Tricks, spielte seine Gitarre auch mal mit Zunge und Zähnen. Sein Kollege Eric Clapton (ansonsten ein aufrichtiger Bewunderer Hendrix´) nannte das ironisch „Pyrotechnik“. Heute nehmen das neue Anmeldungen fast wörtlich, etwa „Gitarre mit integrierter Nebelmaschine und Lasertechnik“ ( pdf-Datei DE202019004187U1).

Hendrix hätte das gefallen

Promotion-Foto der Plattenfirma für die Jimi Hendrix Experience

Promotion-Foto der Plattenfirma für die Jimi Hendrix Experience, 1968 (unten: Bassist Noel Redding, rechts Drummer Mitch Mitchell)

Längst lassen sich Effektgeräte sogar in akustische Gitarren direkt einbauen. "Stringed musical instrument and acoustic effect device" ( pdf-Datei EP4064269A1 (1,18 MB)) installiert in der Decke einer akustischen Gitarre ein Effektgerät, das direkt unterhalb der Saiten nahe des Schalllochs angebracht ist, also bedient werden kann, ohne die (rechte) Hand von den Saiten nehmen zu müssen.

Hendrix hatte Roadies, die sich um den Transport seiner Ausrüstung kümmerten. Wer seine Gitarren selber längere Strecken transportieren muss, weiß, wie sperrig die Koffer sind. Abhilfe schaffen zusammenklappbare Instrumente. Zu den neuesten Ideen gehört "Foldable stringed Instrument". pdf-Datei US11443722B2 (2,97 MB) ermöglicht es, Hals und Kopf einer E-Gitarre in der Mitte flach nach hinten abzuklappen. Dank einer speziellen Aufhängung können die Saiten entspannt werden, verbleiben aber in ihrer Position und können beim Entfalten mit nur geringem Nachstimmen sofort wieder bespielt werden.

Manche E-Gitarren, vor allem die populären Gibson Les Paul-Modelle (die Hendrix allerdings nicht spielte), bringen ein ordentliches Gewicht auf die Waage. Das kann dem Gitarristen, der sie um den Nacken hängen hat, schon mal Rückenschmerzen bescheren. Abhilfe verspricht die „Gitarrenhalterung für elektrische Gitarre“ ( pdf-Datei DE202021106974U1 (1,63 MB)), eine zusätzliche Einhängung, die sich am Gürtel befestigen lässt. Mittels dieser Drei-Punkt-Aufhängung ist die Last der Gitarre dann besser verteilt.

Diese und alle weiteren wichtigen technischen Innovationen in der Rockmusik lassen sich in der Patent-Datenbank des DPMA DEPATISnet gut recherchieren.

Der Vorfall in München

EP64269A1

EP64269A1

Seinen ersten Auftritt in Deutschland hatte Hendrix im November 1966 in einem Club an der Leopoldstraße 25 in München. „Big Apple“ hieß dieser Keller. Dort soll es auch zu einem Vorfall, gekommen sein, der fortan seine Shows berühmt-berüchtigt machen sollte: Begeisterte Fans zogen Hendrix mitsamt seiner Gitarre von der Bühne ins Publikum. Als er sich zurück auf die Bühne gekämpft hatte, stellte er fest, dass seine Gitarre angebrochen war (er hatte sie, so heißt es, gerade erst in einem Laden auf der anderen Straßenseite gekauft). Vor Zorn zertrümmerte er die Gitarre ganz, was einen infernalischen Lärm erzeugte. Das Publikum hielt das für einen Teil der Show und war hingerissen. Daher regte Manager Chas Chandler an, das Zerstörungswerk künftig in die Auftritte einzubauen. Hendrix sollte danach noch viel Bühnenequipment zerlegen. Am berühmtesten ist wohl sein „Brandopfer“ vom Monterey-Festival, als er seine Stratocaster auf der Bühne anzündete (vermittelt hatte diesen Auftritt, mit dem Hendrix weltberühmt wurde, übrigens Paul McCartney).

Hendrix als Marke

EM002960938

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Jimi Hendrix, der wilde Gitarrengott, ist längst selbst zur Marke geworden – im Wortsinn: sein Name ist beim DPMA als Marke eingetragen (DE30232623, auch EM004626685); seine Unterschrift ist als Wort-Bild-Marke für Warenklassen wie Musik oder Bekleidung angemeldet (EM011816485).

Erst Mitte der 1990er Jahre war es nach langen Streitigkeiten Hendrix` Vater James Al gelungen, sämtliche Rechte an Jimis Nachlass unter die Kontrolle der Familie zu bringen. Er gründet eine Vermarktungsgesellschaft, die „Experience Hendrix, L.L.C.“, in Jimis Geburtsstadt Seattle. Seither reizt diese die Möglichkeiten der gewerblichen Schutzrechte voll aus und betreibt eine offensive Vermarktung von Hendrix-Produkten (neuerdings sogar Mund-Nasen-Schutzmasken).

Are you experienced? – Achtung: Marke!

US4803906, ein Patent von Hendrix´ bevorzugtem Gitarrenhersteller Fender

US4803906, ein Patent von Hendrix´ bevorzugtem Gitarrenhersteller Fender

Erst 2018 sicherte sich das Unternehmen beispielsweise die Wortmarke „THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE“ (EM017877400) für Kleidung und Musik (Nizza 25, 41) – nach dem Namen der Band, mit der Jimi 1966-69 spielte und zum Superstar wurde. Auch der Titel des Debütalbums von 1967, „ARE YOU EXPERIENCED“ ist seit 2018 eine Marke (EM 017877399, Nizza-Klassen 25, 41). Eine Variante davon ist die Wort-Bild-Marke "Experience Hendrix" (EM002960938).

Auch die Namen einiger seiner berühmtesten Songs wurden als Marken eingetragen, etwa „Voodoo Child“ (EM 013608567) und „Purple Haze“ (EM 01787739).

Ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod wird mehr Hendrix-Musik verkauft als zu seinen Lebzeiten. Natürlich hat sich der Vertrieb von Musik heute sehr gewandelt. Aber die Streaming- und Verkaufsportale halten auch Klassiker wie Hendrix stets bereit und am Leben. So wird zum Beispiel das Funktionsprinzip eines der führenden Streaming-Anbieter in einer aktuellen Patentanmeldung explizit anhand des Beispiels eines Hendrix-Songs erläutert („Media content steering“, pdf-Datei EP3648106A1).

Text: Dr. Jan Björn Potthast; Bilder: Steve Banks (by Creative Commons CC by SA 4.0, via Wikimedia Commons), DEPATISnet, DPMAregister, Warner /Reprise Records uploaded by We hope at en.wikipedia / Public domain, DEPATISnet

Stand: 09.04.2024