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Stille Nacht, heilige Nacht

Joseph Mohrs Autograph des Liedes von 1820

Joseph Mohrs Autograph des Liedes von 1820

Das Lied, seine Geschichte und die Marken

Man nennt es das „ewige Lied“: „Stille Nacht, heilige Nacht“, das wohl bekannteste Weihnachtslied der Welt. Es wird auf der ganzen Welt in den verschiedensten Sprachen und Dialekten gesungen – bis zu 300 Übersetzungen soll es geben, darunter gar Klingonisch.

175. Todestag: Joseph Mohr

Geboren im Armenhaus von Salzburg am 11.Dezember 1792, lungenkrank von klein auf: Joseph Franz Mohr hatte einen schweren Start ins Leben. Und schwer sollte es bleiben für den musikalisch begabten, intelligenten Jungen. Dank der Unterstützung des Domvikars konnte er aber das Gymnasium besuchen und Theologie studieren.
Für die Priesterweihe benötigte der unehelich Geborene eine Sondergenehmigung des Papstes. Danach schlug er sich mit wechselnden Aushilfsstellen als „Koadjutor“ durch. Eine Station war Mariapfarr, wo er ein religiöses Gedicht voller Hoffnung auf Frieden und Erlösung verfasste. Die nächste Station war Oberndorf, wo er an Heiligabend 1818 seinen Freund Franz Xaver Gruber bat, dieses Gedicht zu vertonen.
Mohr, der sich stets für die Armen einsetzte und mitunter mit den kirchlichen Autoritäten in Konflikt geriet, weil ihm der „nöthige Subordinations Geist“ fehlte, musste sein ruheloses Dasein bald danach wieder aufnehmen, bis er endlich 1837 in Wagrain eine feste Stelle als Vikar erhielt. Hier konnte er sich ein Jahrzehnt erfolgreich für die geistigen und sozialen Nöte seiner Gemeinde einsetzen. Mohr starb am 4. Dezember 1848.

Um die Entstehung des Liedes ranken sich allerlei Legenden. Man denkt automatisch an ein verschneites Dörfchen hoch in den Alpen. Aber Oberndorf, wo das Lied am 24. Dezember 1818 zum ersten Mal gesungen wurde, liegt eher flach am Fluß, am Rand der Berge, etwas nördlich von Salzburg.

Es waren damals schwere Zeiten in dem Schiffer-Dorf, das vor allem vom Salz-Transport auf der Salzach lebte. Die napoleonischen Kriege hatten das Land ausgeblutet; der kleine Grenzort gehörte abwechselnd zu Bayern, zum Fürstbistum Salzburg und schließlich zu Österreich. Dem „Jahr ohne Sommer“ 1816 mit seiner Klimaverschlechterung infolge eines Vulkanausbruchs in Indonesien folgten Missernten. Die Getreidepreise stiegen enorm; der Salzhandel lag darnieder. Es waren Zeiten, in denen die Menschen Trost bitter nötig hatten.

Joseph Mohr aus Salzburg wollte Trost spenden. Der Geistliche (1792–1848), selbst im Armenhaus geboren, engagierte sich im Salzburger Land stark für die „kleinen Leute“. Er soll auch schon mal Wilderern ihre Beute abgekauft und sie an die Armen weitergereicht haben. 1816 schrieb er in Mariapfarr im Lungau ein Gedicht, das die Freude über die Geburt Jesu und die damit verbundene Hoffnung für die Menschen beschwor:

Stille Nacht, heilige Nacht!
Hirten erst kundgemacht,
Durch der Engel Halleluja.
Tönt es laut von fern und nah:
Christ, der Retter ist da.

Zwei Jahre später war Mohr Hilfspriester in Oberndorf und hatte sich mit dem Dorfschullehrer Franz Xaver Gruber (1787-1863) aus Arnsdorf angefreundet, der sich hier ein Zubrot als Organist verdiente. Am Nachmittag des 24. Dezember gab Mohr ihm sein Gedicht mit der Bitte, es bis zur Abendmesse zu vertonen. Gruber zauberte die geniale, schlichte Melodie aus dem Hut, die heute jedes Kind kennt.

Die Kirche St. Nikola in Oberndorf

Die Kirche St. Nikola in Oberndorf, wo das Lied zum ersten Mal erklang, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts abgerissen

Am Abend trugen die beiden Männer das Lied im Anschluss an die Christmesse in einer Seitenkapelle der St. Nikola Kirche in Oberndorf zum ersten Mal vor. Gruber sang die Bassstimme, Mohr Tenor und begleitete auf der Gitarre dazu - die Uraufführung des „ewigen Liedes“.

Den Ort dieser Sternstunde gibt es nicht mehr. Von den vielen Hochwassern der Salzach schwer beschädigt, wurde die Kirche (wie auch ein großer Teil des Dorfes) später abgerissen. An ihrer Stelle steht seit 1937 die Stille-Nacht-Kapelle mit originalen Bänken aus St. Nikola.

Ein Lied geht um die Welt

Historische Gitarre von Joseph Mohr

Gitarre von Joseph Mohr im Stille-Nacht-Museum Hallein - wahrscheinlich das Instrument, auf dem er die Uraufführung begleitete

Wie aber kam nun diese Gelegenheitskomposition zu Weltruhm? Die Oberndorfer liebten „ihr“ neues Weihnachtslied und sangen es fortan stets zur Weihnachtsmesse. Der Orgelbauer Karl Mauracher, der das Instrument in St. Nikola reparierte, war davon so begeistert, dass er es sich aufschrieb und in seiner Heimat Tirol weitergab. Einige Jahre später gingen sangesfreudige arme Familien aus dem Zillertal wie die Strassers oder die Geschwister Rainer mit Tiroler Volksliedern auf musikalische Wanderschaft in Deutschland. Ihr Weihnachts-„Hit“ wurde „Stille Nacht“, das man für eine Tiroler Volksweise hielt. In Leipzig wurde das Lied 1832 auf einen Schlag berühmt und verbreitete sich von nun an rasch auf der ganzen Welt. 1839 soll es die Familie Rainer erstmals in New York zur Weihnachtsmesse gesungen haben.

1854 wollte der Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. Genaueres über sein Lieblingslied wissen und gab Nachforschungen in Auftrag. Eher zufällig erfuhr Franz Xaver Gruber davon, der nun Auskunft über die Entstehung seiner Komposition gab ("Authentische Veranlassung"). Gruber erfuhr also noch zu seinen Lebzeiten, dass sein Lied ein "Welthit" wurde, Mohr leider nicht; er starb bereits 1848. Finanziell profitierte keiner von beiden - Verwertungsgesellschaften wie die GEMA gab es noch nicht. In den USA hielt man „Silent night, holy night“ übrigens noch bis in die 1940er Jahre für ein altes englisches Volkslied.

Das Lied und die Marken

Wort-Bild-Marke 006827703

Wort-Bild-Marke 006827703 im Besitz der Stille-Nacht-Botschaft GmbH, Oberndorf

Natürlich verlockt die Popularität des Liedes zu Versuchen, mittels Schutzrechten davon zu profitieren. Die SalzburgerLand Tourismus GmbH hat sich eine Wort-Bild-Marke gesichert (017025057). Auch die „Stille Nacht Botschaft“ in Oberndorf hat sich 2008 die Wort-Bild-Marke 006827703 eintragen lassen, die besonders die Friedensbotschaft des Liedes betont.

Auch für schnöden Kommerz und jeden Käse muss das Lied herhalten: Die SalzburgMilch GmbH hat "STILLE NACHT" als Unionswortmarke 017966639 angemeldet, und zwar für die Nizza-Klasse 29: Milchprodukte, Käse. Außerdem hat sich eine Confiserie die Wortmarken „Reber Stille Nacht heilige Nacht“ (302017024249) und „Reber Stille Nacht“ (302018009852) eintragen lassen.

Die Sache mit der Maus

Wort-Bild-Marke 017025057

Wort-Bild-Marke 017025057 der SalzburgerLand Tourismus GmbH

Eine Bäckerei in Hallein (wo der Komponist Gruber später lange wohnte und auch begraben liegt) hat sich die Wortmarke „Stille Nacht Mäuschen“ (009946252) gesichert und vertreibt unter diesem Namen Pralinen. Dahinter steckt eine Anspielung auf eine der vielen Anekdoten rund um das "ewige Lied": Bei der Uraufführung soll nur deshalb eine Gitarre (damals als Wirtshausinstrument verpönt) zum Einsatz gekommen sein, weil eine Maus den Blasebalg der Kirchenorgel angeknabbert haben soll und diese somit ausfiel.

Tatsächlich griffen Gruber und Mohr wohl eher aus Zeitgründen zur Gitarre; für größere Vorbereitungen wie die Komposition eines Orgelsatzes war bei dieser recht spontanen Aktion ja gar kein Spielraum.

Friedensbotschaft

Mohr-Darstellung auf einem Denkmal in Oberndorf

Mohr-Darstellung auf einem Denkmal in Oberndorf (wie er wirklich aussah, weiß man leider nicht)

"Stille Nacht" gehört heute zu den bekanntesten Liedern der Welt. Die meisten bekannten Sängerinnen und Sänger zwischen Pop und Klassik haben es irgendwann mal aufgenommen. Allein Bing Crosbys Version von 1937 verkaufte sich rund 30 Millionen mal. Seit 2011 gehört das Lied zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.

Joseph Mohrs Gedicht hat übrigens sechs Strophen, von denen heute üblicherweise nur drei gesungen werden. Hier zum Schluss die Strophe vier, in der die Friedensbotschaft des Liedes besonders hervortritt (die Welt hat sie heute nötiger denn je):

Stille Nacht! Heil’ge Nacht!
Wo sich heut alle Macht
Väterlicher Liebe ergoß,
Und als Bruder huldvoll umschloß
Jesus die Völker der Welt!

Text: Dr. Jan Björn Potthast, Bilder: Autograph digitalisiert von der Stille-Nacht-Gesellschaft - via Wikimedia Commons, via Wikimedia Commons, Stille Nacht Museum Hallein / Coen-Kossmann, DPMAregister, Eweht CC by SA 4.0 via Wikimedia Commons

Stand: 09.04.2024