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Änderungen im Widerspruchsverfahren: Was sich seit 14. Januar 2019 geändert hat

Vier Männerhände ziehen entgegengesetzt an einem Tau

Neue Systematik im Widerspruchsverfahren

Vor der Markenrechtsreform konnte man einen Widerspruch nur aus jeweils einem Widerspruchskennzeichen erheben. Wollte der Inhaber seinen Widerspruch auf mehrere Widerspruchskennzeichen stützen, waren hierfür mehrere Widersprüche erforderlich. Seit dem 14. Januar 2019 kann der Inhaber mehrerer älterer Rechte diese nun mit einem einzigen Widerspruch geltend machen. Dabei kann das DPMA über mehrere Widersprüche - wie bisher - gemeinsam entscheiden.

Neue Widerspruchsgründe

Logos zu den Herkunftsangaben

Zugleich wurden die Widerspruchsmöglichkeiten erweitert. Ein Widerspruch kann nun gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG auch auf

  • geschützte geografische Angaben - g.g.A. und
  • geschützte Ursprungsbezeichnungen - g.U.

gestützt werden. Diese "zusätzlichen Widerspruchsgründe" können jedoch nur gegen Marken geltend gemacht werden, die ab dem 14. Januar 2019 angemeldet wurden, § 158 Abs. 3 MarkenG.

Geänderte Widerspruchsgebühren

Die Widerspruchsgebühr wurde an die international einheitliche, neue Systematik und den gestiegenen Aufwand angepasst. Sie beläuft sich auf 250 Euro und umfasst - wie bisher - ein Widerspruchszeichen. Für jedes zusätzlich geltend gemachte Widerspruchszeichen desselben Inhabers sind weitere 50 Euro zu zahlen.

Neu: "Cooling-off"-Möglichkeit

Um Verhandlungen der Verfahrensbeteiligten zu erleichtern, wird auf deren gemeinsamen Antrag eine Frist von mindestens zwei Monaten gewährt, um eine gütliche Einigung zu erreichen ("Cooling-off", § 42 Abs. 4 MarkenG). Diese Frist lässt sich durch einen gemeinsamen Antrag verlängern.

Im Unterschied zum EUIPO ist das "Cooling-Off" nicht nur zu Beginn des Widerspruchsverfahrens, sondern in jeder Phase des Verfahrens möglich. Es wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf gemeinsamen Antrag hin gewährt. Einigen sich die Parteien im Rahmen des "Cooling-Off", so ist – anders als beim EUIPO – keine Gebührenerstattung möglich.

Änderungen bei der Einrede der Nichtbenutzung

Im Widerspruchsverfahren kann der Inhaber der angegriffenen Marke die "Einrede der Nichtbenutzung" erheben, siehe § 43 Abs. 1 MarkenG.

Dabei gilt für die Widerspruchsmarke eine so genannte "Benutzungsschonfrist" von fünf Jahren. Die Benutzungsschonfrist beginnt nun mit dem Tag, ab dem gegen die Eintragung einer Marke kein Widerspruch mehr erhoben werden kann. Dies ist entweder der Tag nach Ablauf der Widerspruchsfrist oder der Zeitpunkt der Rechtskraft der das Widerspruchsverfahren beendenden Entscheidung bzw. der Rücknahme des (letzten) Widerspruchs. Bislang begann die Benutzungsschonfrist mit der Veröffentlichung der Eintragung bzw. - falls gegen die Eintragung Widerspruch erhoben wurde - zum Zeitpunkt des abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens. Somit besteht für die Berechnung der Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke jetzt Gleichklang mit dem Unionsmarkenrecht.

Für die Berechnung der Benutzungsschonfrist ist wegen der Übergangsvorschrift des § 158 Abs. 5 MarkenG daher der Eingang des Widerspruchs im DPMA entscheidend. Das bedeutet, dass sich die Berechnung bei derselben Widerspruchsmarke unterscheiden kann, je nachdem, wann der Widerspruch erhoben wurde. Eine abstrakte Berechnung der Benutzungsschonfrist ist daher nicht möglich.

Beispiel: Widerspruchsmarke "DPMA", eingetragen im Jahr 2000

  • Eingang des Widerspruchs vor dem 14. Januar 2019: Berechnung nach "altem Recht", § 158 Abs. 5 i.V.m. §§ 26, 43 a.F. MarkenG
  • Eingang des Widerspruchs am oder nach dem 14. Januar 2019: Berechnung nach aktuellem Recht, §§ 26, 43 MarkenG

Beginn des Benutzungszeitraums

Der fünfjährige Zeitraum, für den die Benutzung der Widerspruchsmarke nachzuweisen ist, beginnt nach neuem Recht fünf Jahre vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der angegriffenen Marke. Bisher begann dieser Zeitraum fünf Jahre vor dem Tag der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke. Der zweite, "wandernde" Benutzungszeitraum des § 43 Abs. 1, S. 2 MarkenG (a.F.) ist entfallen. Für diese Fälle steht jedoch weiterhin das Löschungsverfahren wegen Verfalls (neu: "Verfallsverfahren") zur Verfügung.

Damit entspricht der nachzuweisende Benutzungszeitraum jetzt der Regelung im Unionsmarkenrecht.

Übersicht zur Benutzung § 43 Abs. 1 MarkenG
Eingang Widerspruch bis 13.1.2019 Eingang Widerspruch ab 14.1.2019
Beginn Benutzungsschonfrist (BSF) Tag der Eintragung bzw. Tag Abschluss des Widerspruchsverfahrens (Rechtskraft) Ablauf Widerspruchsfrist + 1 Tag bzw. Tag Abschluss des Widerspruchsverfahrens (Rechtskraft)
Einrede der Nichtbenutzung zulässig Beginn der Benutzungsschonfrist + fünf Jahre
Benutzungszeitraum für Nachweis 5 Jahre vor Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke 5 Jahre vor Anmelde-/Prioritätstag der angegriffenen Marke
Zweiter "wandernder" Benutzungszeitraum fünf Jahre vor der Entscheidung entfallen
Rechtsgrundlagen §§ 158 Abs. 5 MarkenG (n.F.) i.V.m. § 43 Abs. 1, 26 Abs. 5 MarkenG a.F. §§ 43 Abs. 1, 26 Abs. 5 MarkenG (neue Fassung)

Außerdem gibt es folgende Änderungen im Zusammenhang mit der Benutzung (§ 43 Abs. 1 MarkenG):

  • Nach bisherigem Markenrecht reichte es, dass der Widersprechende die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft macht; jetzt muss hier ein Nachweis erfolgen. Eine eidesstattliche Versicherung ist jedoch als Nachweis weiterhin zugelassen.
  • Beginn und Ende der Benutzungsschonfrist werden für Marken, deren Anmeldung ab 14.1.19 bei uns eingereicht wurde, im Register angezeigt, siehe § 25 Nr. 20 a MarkenV.

Welche ersten Erfahrungen gibt es ?

Die Neuerungen haben sich in der Praxis bisher gut bewährt und es kam kaum zu Problemen beim Übergang. Die neugestalteten Formulare für das Widerspruchsverfahren haben nach ersten Rückmeldungen zur Vermeidung von häufigen formalen Fehlern beigetragen und führen daher insgesamt zur Beschleunigung des Verfahrens.

Widerspruchsverfahren - Tipps

  • Beachten Sie insbesondere im Hinblick auf Fragen der Benutzung die Übergangsvorschriften!
  • Verwenden Sie aktuelle Formblätter:
    • aktuelles Widerspruchsformular (W 7202),
    • nebst Anlage für registrierte Kennzeichen (W 7202.1)
    • oder/und Anlage für nicht registrierte Kennzeichen (W7202.2)
  • Wenn Sie im Widerspruchsverfahren auf Ihre eingetragene Marke verzichten wollen, so stellen sie bitte immer einen Antrag auf Löschung. Dies vermeidet zusätzlichen Klärungsaufwand und Verzögerungen. Ein Antrag auf Rücknahme Ihrer Markenanmeldung ist hingegen nur vor der Eintragung möglich.

Bild: iStock.com/Nastco, DPMA

Stand: 14.03.2024