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Rückblick auf das DPMAnutzerforum 2024

Walter und Schewior

Von guter Stimmung, Künstlicher Intelligenz und Innovationskraft der KMU

Gewerbliche Schutzrechte fördern den Wettbewerb um die besten Technologien, stärken die Innovationskraft – und müssen noch bekannter werden, damit auch kleine und mittlere Unternehmen sie stärker nutzen und von ihnen profitieren: Das sind zentrale Botschaften aus dem DPMAnutzerforum 2024.

Zu der Hauptveranstaltung des DPMA kamen Kundinnen und Kunden und Expertinnen und Experten aus der IP-Welt in München zusammen – oder schalteten sich online zu. Das Spektrum der Themen reichte vom Ziel, das IP-Wissen zu stärken, über eine aktuelle Analyse zu Patentanmeldungen zur Künstliche Intelligenz bis hin zu einer ersten Bilanz zum europäischen Einheitspatent. Also ein Blick in die Statistik, ein Blick in die Praxis und ein Blick in die Zukunft.

„Innovation made in Germany“: Merklicher Aufwärtstrend bei Patentanmeldungen

DPMA-Präsidentin Eva Schewior

DPMA-Präsidentin Eva Schewior

Positive Grundstimmung durch den Blick in die Statistik: Allen konjunkturellen Schwächen zum Trotz meldeten deutsche Unternehmen 2023 merklich mehr Erfindungen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) an als im Jahr zuvor. Das Plus liegt bei 3,4 Prozent. Direkt passend zum Motto des DPMAnutzerforums: „Innovation made in Germany“. Die Zahl der Patentanmeldungen aus dem Ausland stieg 2023 leicht. Insgesamt meldeten Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie freie Erfinderinnen und Erfinder 2,5 Prozent mehr Erfindungen zum Patent an als im Jahr zuvor. Einer der Gründe: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung hatten 2022 in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.

„Ermutigendes Zeichen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten“

„Die Innovationstätigkeit deutscher Unternehmen zieht also merklich an. Ich finde, das ist ein ermutigendes Zeichen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten“, sagte DPMA-Präsidentin Eva Schewior zu den Besucherinnen und Besuchern des Nutzerforums vor Ort in München und an den Bildschirmen. Der Veranstaltungs-Klassiker des DPMA wurde live auf YouTube und LinkedIn übertragen.

Transformation bei den Top-Anmeldern: Wertschöpfung liegt heute in der Batterie

Eva Schewior im Gespräch mit Moderator Ulrich Walter

Eva Schewior im Gespräch mit Moderator Ulrich Walter

Bei den Technologie-Trends sei ein beachtliches Plus von fast 10 Prozent im Technologiefeld „Elektrische Maschinen und Geräte, elektrische Energie“ zu verzeichnen, berichtete die DPMA-Präsidentin. Zurückzuführen ist dies insbesondere auf die boomende Batterietechnik infolge des hohen Tempos beim Ausbau der Elektromobilität. Eva Schewior konstatierte eine „technologische Zeitenwende“. Die Wertschöpfung liege heute nicht im Motor, sondern in der Batterie. Ein Anmelde-Plus gab es auch bei Gebrauchsmustern und Marken, einen Rückgang beim Design. Eine ausführliche Analyse der Anmeldezahlen 2023 zu Patent, Gebrauchsmuster, Marke und Design finden Sie in unserer Pressemitteilung.

Eva Schewior zu KI: „Beginn eines neuen technologischen Zeitalters“

DPMA-Präsidentin Eva Schewior präsentierte auch eine aktuelle Analyse zur Künstlichen Intelligenz: Die veröffentlichten Patentanmeldungen mit Wirkung für Deutschland nahmen im Bereich KI zwischen 2019 und 2023 um insgesamt 40 Prozent zu. Dafür hatten wir veröffentlichte Patentanmeldungen mit Wirkung für Deutschland beim DPMA und beim Europäischen Patentamt ausgewertet. Patentanmeldungen werden nach 18 Monaten veröffentlicht. Im vergangenen Jahr neu angemeldete Erfindungen waren daher noch nicht enthalten. Die aktuelle statistische Analyse hatten etliche renommierte Medien und am Abend vor dem DPMAnutzerforum auch die ARD Tagesthemen aufgegriffen. Lesen Sie zur Sonderauswertung KI auch unsere Pressemitteilung vom 18.3.2024.

Knapp 70 Jahre nach der Dartmouth Conference in New Hampshire, die als Gründungsveranstaltung der Künstlichen Intelligenz als akademischem Fachgebiet gilt, ist mit ChatGPT und weiteren generativen Tools die KI in der Mitte der Gesellschaft angekommen. DPMA-Präsidentin Eva Schewior sagte: „KI wird unser Leben in vielen Bereichen nachhaltig verändern. Unsere 20-er Jahre werden einmal als Beginn eines neuen technologischen Zeitalters gelten.“

Mit voller Energie zum § 26a Patentgesetz

Bernd Maile und Dr. Maria Skottke-Klein

Die DPMA-Vizepräsidenten Bernd Maile und Dr. Maria Skottke-Klein

Schwenk zu den aktuellen Aufgaben: Aus einer Bekanntheitsanalyse, vom DPMA in Auftrag gegeben, geht hervor, dass 63 Prozent der allgemeinen Öffentlichkeit kein Wissen über gewerbliche Schutzrechte hat. „Ein gutes Stück IP-Awareness-Arbeit liegt vor uns“, unterstrich dazu DPMA-Präsidentin Eva Schewior. Dass die Aufgaben nach § 26a Patentgesetz, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen über die Chancen gewerblicher Schutzrechte zu informieren, mit voller Energie verfolgt werden, betonte zum Abschluss der Veranstaltung in München auch Dr. Maria Skottke-Klein. In ihrer Funktion als DPMA-Vizepräsidentin absolvierte sie ihre Premiere beim DPMAnutzerforum. Gemeinsam mit Vizepräsident Bernd Maile dankte sie den Kundinnen und Kunden des DPMA und unterstrich die Bedeutung eines starken IP-Netzwerks.

Seit dem vergangenen Jahr verfügt das DPMA auf Grundlage von § 26a Patentgesetz über einen erweiterten Informationsauftrag zum geistigen Eigentum. Das Amt soll die Öffentlichkeit und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen über Rechte des geistigen Eigentums sowie deren Wahrnehmung und Durchsetzung aufklären.

Wissensvorsprung durchs DPMAnutzerforum: Sneak Preview zu BDI-Forderungen

Alissa Zeller

Alissa Zeller

„Die Politik muss IP übergreifend in allen Bereichen mitdenken.“ Dies forderte in ihrer Keynote Alissa Zeller, Vorsitzende des Ausschusses für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht beim Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. und Senior Vice President Global Intellectual Property der BASF SE. Aus einem Forderungskatalog des BDI, den der Verband zum Welttag des geistigen Eigentums am 26. April präsentieren möchte, bot sie im DPMA eine „Sneak Preview“. Wissensvorsprung also für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim DPMAnutzerforum. Während Deutschland bei inkrementellen Innovationen, also beim stetigen und schrittweisen Verbessern von Bestehendem, ganz erfolgreich sei, fehle es in zentralen Zukunftstechnologien an disruptiven Innovationen. Um diese zu forcieren, müsse der IP-Schutz Einzug halten in die Innovationsstrategie der Bundesregierung. Neben disruptiven Innovationen sei die Transformation ganzer Wertschöpfungsketten erforderlich – in Richtung Kreislaufwirtschaft und Netzwerke. Kooperationen und Innovationen müssten ineinandergreifen. „Wir wollen IP als eigenständiges Themenfeld auf den politischen Agenden platzieren“, schilderte sie die BDI-Position. Deutschland brauche einen höheren Intelligenz-Quotienten (IQ) in puncto IP. Gerade auch KMU und Start-ups müsse man sensibilisieren. „Ich freue mich über den § 26a“, sagte Alissa Zeller.

Beat Weibel: „Ohne Patente gäbe es nur einen Typ Auto, nur einen Typ Handy“

Uwe Cantner, Ulrich Walter und Beat Weibel

Uwe Cantner, Ulrich Walter und Beat Weibel

Blick in die Praxis: Fördern oder hindern gewerbliche Schutzrechte die Innovation? „Patente fördern den technologischen Wettbewerb. Ohne Patente gäbe es nur einen Typ Auto, nur einen Typ Handy, nur einen Typ Covid-Impfung.“ So machte in der Experten-Debatte Beat Weibel seine Position anschaulich, der Präsident der Vereinigung von Fachleuten des Gewerblichen Rechtsschutzes (VPP) und Leiter der Patentabteilung der Siemens AG. Für technologisch komplexe Bereiche, in denen standardessenzielle Patente relevant sind, sprach sich Weibel für das Incentivieren, sprich Belohnen, von Pool-Lösungen aus, für die Zusammenarbeit von Lizenzgebern und Lizenznehmern. Komme für Start-ups das Schützen von Ideen zu teuer, könne die Partnersuche eine Lösung sein. Prof. Dr. Uwe Cantner, der Vorsitzende der Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung und Vizepräsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena, nahm für dieses Diskussionsformat eine Gegenposition ein und betrachtete das System der geistigen Schutzrechte kritisch. „In Sachen Innovationskraft steht Deutschland nicht so schlecht da. Trotzdem ist die derzeitige Phase kritisch. Wir sind in einer Umbruchphase, in der wir neue Schlüsseltechnologien entwickeln müssen und die Nachhaltigkeits-Transformation bewältigen. Das Springen auf neue Pfade scheint unheimlich schwierig zu sein“, sagte Cantner.

Blick nach Brüssel – und Plazet für intensivere Beratung für KMU

Ulrich Walter und Dr. Christian Wichard

Ulrich Walter und Dr. Christian Wichard

Um den europäischen Rechtsrahmen für den Schutz geistigen Eigentums und um das Zusammenwirken von Ministerien und Organisationen auf Bundesebene ging es im Gespräch mit Dr. Christian Wichard, Leiter der Unterabteilung III B im Bundesministerium der Justiz, und Ulrich Walter, der die Veranstaltung moderierte. Dr. Wichard griff Fragen zum Europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung auf – und sprach sich auch für eine intensivere Beratung der KMU zu Nutzen und Chancen von Patent, Gebrauchsmuster, Marke, Design wie Urheberrecht aus.

Geringe IP-Quote bei KMU: Eine Melange aus verschiedenen Gründen

Karin Weigelt, Joachim Kuhn und Helmut Jahnke

Karin Weigelt, Joachim Kuhn und Helmut Jahnke

Blick in die Zukunft: Nur rund zehn Prozent der KMU nutzen europaweit gewerbliche Schutzrechte, um ihre Innovationen abzusichern. Hier gibt es also viel Potenzial. „Ein IP-Portfolio kann als Türöffner für sensible Märkte dienen“, berichtete Dr. Karin Weigelt, Gründerin der Prismade Labs GmbH, aus eigener Erfahrung. Bei Kooperationen mit Konzernen gebe es freilich auch ein Macht- und Ressourcengefälle, was das Nutzen von Technologien anbelange. „Eine Melange aus verschiedenen Gründen“ sieht Dr. Marko Häckel für die geringe IP-Quote bei KMU. Die Skepsis einzelner Protagonistinnen und Protagonisten führte er ebenso an wie einen Mangel an Informationen. Helmut Jahnke vom Patentinformationszentrum (PIZ) Stuttgart sagte: „Für das Sensibilisieren und Informieren von KMU brauchen wir einen dezentralen Ansatz ,wie wir ihn mit dem PIZnet verfolgen.“

Dr. Joachim Kuhn von der va-Q-tec AG sah das Thema „geistiges Eigentum“ als obligatorisch für technische Studiengänge und für BWL. Dass KMU in der Fläche kleine Patentanwaltskanzleien als unkomplizierte Ansprechpartner brauchen, unterstrich für ihre Zunft die Berliner Patentanwältin Dr. Renate Weisse. Blick in die Zukunft und Blick in die Statistik: Dr. Melisande Cardona vom Deutschen Patent- und Markenamt betonte, das DPMA strebe an, künftig die Patentanmeldungen durch KMU statistisch erfassen zu können.

Einheitspatent – mehr Optionen für Unternehmen

Ulrich Walter, Renate Weisse, Marko Haeckel, Karin Weigelt, Joachim Kuhn, Helmut Jahnke und Melisand

Ulrich Walter, Renate Weisse, Marko Haeckel, Karin Weigelt, Joachim Kuhn, Helmut Jahnke und Melisande Cardona

„Ein Jahr Einheitspatent – eine erste Bilanz“ – dazu diskutierten auf dem Podium Ingeborg Graefe (tesa SE), Dr. Dieter Laufhütte (Lorenz Seidler Gossel Rechtsanwälte Patentanwälte Parnterschaft mbB), Tobias Pichlmaier, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München und Richter am Einheitlichen Patentgericht sowie Detlev-Georg Schmidt-Bilkenroth vom DPMA.

Dabei wurde deutlich, dass die zum 1. Juni 2023 eingeführte Option, für ein europäisches Patent einheitliche Wirkung (sogenanntes Einheitspatent) zu beantragen, für ein knappes Viertel der erteilten europäischen Patente genutzt wird. Und zwar tendenziell von wenigen großen deutschen, vor allem aber ausländischen Unternehmen. Damit werden also europäische Patente überwiegend national validiert und unterfallen – ebenso wie die Einheitspatente – der Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts (EPG), sofern sie dem EPG nicht mittels Opt-Out entzogen werden. Tatsächlich pendeln sich nach anfänglich großen Ausschlägen nicht nur die Anträge auf einheitliche Wirkung, sondern auch die Anträge auf Opt-Out auf einen stationären Wert ein: Knapp die Hälfte der erteilten europäischen Patente werden ausoptiert und unterliegen damit der nationalen Gerichtsbarkeit. Das könnte auch darauf hindeuten, dass nationale Schutzrechte je nach Produkt- und Märkte-Strategie nach wie vor ihre Berechtigung behalten. Es wird spannend sein zu sehen, ob sich die Beobachtungen der letzten vier bis fünf Monate in der nächsten Zeit bestätigen werden.

Auf YouTube bequem Sessions nachholen

Ingeborg Graefe, Tobias Pichlmaier und Detlev-Georg Schmidt-Bilkenroth

Ingeborg Graefe, Tobias Pichlmaier und Detlev-Georg Schmidt-Bilkenroth

Das DPMAnutzerforum bot am zweiten Veranstaltungstag via Livestream auf YouTube eine Reihe von Sessions und Seminaren zu Spezialthemen: „Die elektronischen Dienste des Deutschen Patent- und Markenamts“, „Aktuelles aus der Marke mit den Highlights zur neuen Richtlinie Widerspruchsverfahren“, „Werbung für die Nutzung von geistigem Eigentum – wie geht das eigentlich? Aktuelles zur Umsetzung des §26a PatG“, „Aus der Spruchpraxis der Design-Nichtigkeitsabteilung“ sowie „Nationales deutsches Patent: heute wichtiger denn je“.

Sie können die Sessions in den nächsten Tagen auch auf unserem externer Link YouTube-Kanal abrufen.

Den externer Link Livestream vom ersten Veranstaltungstag finden Sie hier als Aufzeichnung.

Hier finden Sie weitere Bilder zur Veranstaltung.

Zum Vormerken: Das nächste DPMAnutzerforum findet statt am 25. und 26. März 2025.

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Bilder: DPMA / Sabine Ginster

Stand: 09.04.2024